Emil Pirchan d. Ältere mit Gattin Karoline, Sohn Emil und Tochter Elsa, Brünn 1886
Karoline Pirchan, geborene Sternischtie, mit Sohn Emil, Brünn ca. 1890
Brünn 1884 — 1903
Kindheit und Jugendzeit
Der Großvater mütterlicherseits, Carl Vinzenz Sternischtie, Edler von Carlshain, ist Textilfabrikant in Brünn. Die Großmutter mütterlicherseits Franziska von Sternischtie und Josef Hoffmanns Mutter Leopoldine Hoffmann (beide geborene Tuppy) sind Schwestern.
Sommerzeit während der Jugend mit Schwester Elsa Pirchan bei den Großeltern väterlicherseits, dem Försterehepaar Karl und Anna Pirchan (geborene Faber), in Kiritein (heute: Křtiny)
Emil Pirchans Eltern Emil Pirchan der Ältere, akademischer Maler und letzter Schüler Carl Rahls sowie Zeitgenosse Hans Makarts, und Karoline Pirchan (geborene von Sternischtie) führen einen künstlerischen Salon in Brünn. Dort verkehrt u. a. der Autor Ferdinand von Saar.
Das Textilunternehmen der Familie wurde ab 1910 von Pirchans Onkel Carl Josef von Sternischtie geleitet, der es gegen Ende des Ersten Weltkrieges in den Konkurs führte.
Emil Pirchan in Brünn, Dezember 1906
Emil Pirchan (vorne) auf dem Tennisplatz in Krumpendorf am Wörthersee, ca. 1905
Wien 1903 — 1906
Architekturstudium bei Otto Wagner an der Akademie der bildenden Künste
Bekanntschaft mit Josef Olbrich, Alfred Roller, Josef Hoffmann, Gustav Klimt, Oskar Kokoschka und anderen bedeutenden Künstlern der Jahrhundertwende in Wien.
1905: Verleihung der Goldenen Fügermedaille für einen Schillergedenkstein auf dem Satzberg bei Wien.
1906: Meisterschulpreis (Spezialschulpreis) der Akademie der bildenden Künste in Wien für eine Berg-Nekropole (Camposanto) in Triest.
Brünn, 1906 — 1908
Zeichenlehrer an der Landesoberrealschule in Brünn
Rückkehr nach Brünn aufgrund der Schwierigkeiten, in Wien als Architekt Fuß zu fassen.
Emil Pirchan in seinem Münchner Atelier, ca. 1912
Hochzeitsphoto von Emil und Johanna Pirchan, Grand Hotel Schwansee, Hohenschwangau, 7. August 1913
Emil Pirchan mit Gattin Johanna und Sohn Peter, München, ca. 1920
münchen 1908 — 1921
Eigenes Atelier für Architektur; Kunstschule für Gebrauchsgraphik und Bühnenbild; Ausstattungsdirektor der Bayerischen Staatstheater
Bau eines Einfamilienhauses in Bogenhausen und einer Kapelle im Martinsspital; Entwurf von ungefähr 20 Wohnungseinrichtungen, Gestaltung von Ausstellungsräumen.
Während der Münchner Jahre entstehen außerdem über 1.500 gedruckte graphische und einige hundert kunstgewerbliche Arbeiten sowie mehrere Buchveröffentlichungen.
Zusammenarbeit mit Ludwig Hohlwein sowie Viktor Oppenheimer, Wilhelm Bührer, Adolf Saager und dem Nobelpreisträger für Chemie Wilhelm Ostwald im Rahmen der Vereinigung Brücke – Institut für die Organisation der geistigen Arbeit.
Über ein Dutzend Ausstellungen im Deutschen Reich, 14 Preise auf in- und ausländischen Konkurrenzen. 1912: Ausstellung von ca. 50 Bühnenbildern in der Modernen Galerie Heinrich Thannhauser im Arco-Palais in München. Anerkennung durch Ferdinand Gregori und Alexander von Gleichen-Rußwurm.
1913: Hochzeit mit Johanna »Hanny« Gertrude Ottilie Diehl, Tochter des Hofrats Dr. Julius Diehl, des Leibarztes des Prinzregenten Luitpold von Bayern. Die Brautmutter Julie Diehl stammt aus dem Verlagshaus Oldenbourg.
1915: Kriegsbedingte Schließung der Kunstschule. Januar 1915 bis Mai 1915 Militärdienst, Entlassung wegen chronischer Schulterluxation.
1916: Geburt des Sohnes Peter Pirchan. Stella von Spaun, die Tochter des Malers Karl Wilhelm Diefenbach, ist unter den zahlreichen Gratulanten.
1918: Berufung durch Viktor Schwanneke an die Bayerischen Staatstheater; Leitung der Bereiche Bühnenbild und Verwaltung des Kostümwesens. Zusammenarbeit mit Bruno Walter, Albert Steinrück, und Heinrich Kröller.
1919: Erstmalige Zusammenarbeit mit Leopold Jessner in Berlin. Theaterskandal im Zuge der Aufführung von »Wilhelm Tell«. Ausstattung der Begräbnisfeierlichkeiten für den ermordeten Ministerpräsidenten Kurt Eisner.
1920: Verfilmung seines Romans »Der zeugende Tod« mit Tilla Durieux.
Emil Pirchan mit Masken im Atelier, Berlin, ca. 1920
Emil Pirchan mit Schauspielern in Berlin, ca. 1925
Emil Pirchan mit Gattin Johanna und Sohn Peter am Strand von Viareggio, Italien, 1926
Berlin 1921 — 1932
Ausstattungschef der Staatstheater, Zusammenarbeit mit Leopold Jessner
Ausstattung mehrerer Hundert Opern-, Schauspiel-, Operetten-, und RevueProduktionen in Deutschland, Europa und Übersee. Radiobeiträge und Vorträge über Bühnenbildkunst in mehreren europäischen Städten.
1921: Berufung zum Ausstattungschef des Verbundes der Berliner Staatstheater und Umzug der Familie nach Berlin. Bahnbrechende Ausstattung von Othello mit Fritz Kortner.
1922: Zusammenarbeit mit Richard Strauss anlässlich der Aufführung der »Josephslegende« am Prager Nationaltheater. Begeisterte Aufnahme des Bühnenbildes von Franz Schrekers »Der Schatzgräber«.
1923: Regiearbeit für das Schauspiel »Aus dem Leben der Insekten« der Gebrüder Čapek in Berlin.
1924: Geburt der Tochter Sibylle Pirchan. Portrait des verstorbenen Reichspräsidenten Friedrich Ebert.
1926: Gestaltung des Bühnenbildes zum Ballett »Don Morte« in der Inszenierung von Max Terpis, Beginn der langjährigen Zusammenarbeit mit Friedrich Wilckens und Harald Kreutzberg.
1927: Uraufführung seines Schauspiels Gong im Rahmen der Magdeburger Theaterausstellung.
Ab 1927: Lehrtätigkeit als Dozent an der Staatlichen Musikhochschule für darstellende Kunst und Kostümkunde in Berlin. Einer seiner Schachpartner ist der Filmregisseur G. W. Pabst, dessen Sohn später Emil Pirchans Tochter Sibylle heiraten wird.
1928: Tod des Vaters Emil Pirchan d. Ä. in Wien.
1929: Gedächtnisfeier für Albert Steinrück unter der Leitung von Leopold Jessner mit dem Bühnenbild von Emil Pirchan. Die gesamte deutschsprachige Theaterwelt erweist dem Verstorbenen dabei ihre Reverenz. Große Goldene Medaille der Weltausstellung in Barcelona für ausgestellte Bühnenbilder.
Um 1930:Entwurf für ein Theatergebäude in Südamerika.
1931: Auf Goethes Spuren in Italien (»Italienische Reise«).
Emil Pirchan im Atelier, Berlin, 1928
Emil Pirchan im Atelier in Prag, ca. 1933
prag 1932 — 1936
Ausstattungschef des Deutschen Theaters; Professor der Bühnenbildklasse an der Deutschen Akademie für Musik und darstellende Kunst
1931: Berufung zum Professor der Bühnenbildklasse an der Deutsche[n] Akademie für Musik und darstellende Kunst in Prag, Ausstattungschef des Deutschen Theaters.
1932: Umzug nach Prag.
1935: Staatspreis der Tschechoslowakischen Republik. Umbau und Neuausstattung des Deutschen Schauspielhauses in Brünn. Trotz großer finanzieller Beschränkungen gelingen Pirchan rund 60 Inszenierungen in Prag. Fruchtbare Zusammenarbeit mit Renato Mordo.
Ab 1935: Internationale Kurse und Seminare über das Bühnenbild und über Kostüm-, Schmink- und Maskenkunst am Mozarteum in Salzburg und Dozent für die Salzburger Dependance der Theatre School of New York.
Emil Pirchan mit Masken, ca. 1949
Emil Pirchan mit dem Goldenen Ehrenzeichen der Republik Österreich, Dapontegasse in Wien, 1957
Wien 1936 — 1957
Professor an der Akademie der bildenden Künste
1936: Berufung zum außerordentlichen Professor an die Akademie der bildenden Künste in Wien für die neu geschaffene Meisterschule für Bühnenbildkunst und Festgestaltung. Damit sollte die Lücke, die die verstorbenen Bühnenbildner Roller und Strnad im österreichischen Lehrbetrieb hinterlassen haben, geschlossen werden. Lehrtätigkeit in Bühnendekoration, Modellbau, Kostümkunde und Kostümentwürfe. Umfangreiche schriftstellerische Tätigkeit, vor allem Fachbücher und Biographien. Entwürfe von Bühnenbildern für das Burgtheater und die Staatsoper in Wien.
1937: Der spätere Schriftsteller Wolfgang Hildesheimer besucht einen Sommerkurs bei Pirchan. Ehrenkreuz »Pro Ecclesia et Pontifice« in Gold durch Papst Pius XI.
1942: Erika Schepelmann-Rieder wird Emil Pirchans Assistentin (bis 1957), eine Zeitlang auch Lucia Jirgal, die vormalige Mitarbeiterin von Richard Teschner.
1945: Neun der 13 Professoren der Akademie der bildenden Künste in Wien gelten nach Ende der Nazi-Herrschaft als politisch belastet und werden dienstenthoben. Unter den vier nicht entlassenen Mitgliedern befindet sich außer Herbert Boeckl, Christian Ludwig Martin und Sergius Pauser auch Emil Pirchan.
1948: Pirchans Tochter Sibylle heiratet den Regieassistenten Peter Pabst, Sohn des Filmregisseurs G. W. Pabst (1885–1967). Aus dieser Ehe gehen drei Enkel hervor: Ben Pabst (*1949), Georg Pabst (1950–2016) und Uli Pabst (1955–2013). Bekanntschaft am Burgtheater mit Elisabeth Kallina, der ersten Ehefrau von Oskar Werner. Freundschaft mit Theaterwissenschaftler und Schriftsteller Joseph Gregor.
1950: Berufung zum ordentlichen Professor.
1957: Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens der Republik Österreich. Tod Emil Pirchans am 20. Dezember in Wien.